Angesichts des bedrohlichen Aufschwungs nationalistischer Strömungen in den Mitgliedsländern und dem Erstarken populistischer Bewegungen und Parteien - sichtbar im Vorfeld der Europawahlen 2014 - sind verstärkte Anstrengungen im Bildungsbereich von Nöten, die ein Verständnis untereinander auf Basis konkreter, gelebter Erfahrungen wecken und stabilisieren. Wir sehen den Bedarf in der Vermittlung und Aufbereitung von Lebenserfahrungen aus allen Generationen, in denen ein europäischer Mehrwert für jeden einzelnen deutlich wird. Gegenstand des Projekts ist die Vielfalt und Widersprüchlichkeit Europas. Ein Zusammenwachsen Europas braucht das Verständnis der Geschichte und Wahrnehmungen in den einzelnen Ländern. Ein Zugang hierfür ist die Erstellung und intergenerative Diskussion von Lebensgeschichten aus verschiedenen Ländern Europas und von Menschen verschiedenen Alters.
Ausgearbeitet und gemeinsam diskutiert werden sollen Biographien von Menschen aus allen Teilnehmerländern, die in ihrem Lebenslauf nach der Erfahrung historischer Ereignisse und Krisen nicht in nationale Egoismen zurückfielen, sondern sich dem europäischen Gedanken gewidmet haben und sich auch aktuell für das wechselseitige Verständnis engagieren. Festgemacht werden die Biographien an drei historischen Ereignissen: dem Zweiten Weltkrieg und seinen Folgen, dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme in Osteuropa sowie der aktuellen Finanzkrise. Damit sind die Lebenserfahrungen sowohl von inzwischen älteren und alten Menschen als auch von jungen Menschen angesprochen.
Das Projekt orientiert sich am Ansatz der „Multiperspektivität“. Zum einen wird bereits bei der Auswahl der Biographien darauf geachtet, in und zwischen den Ländern die Breite und Vielfalt des gelebten Lebens und der damit korrespondierenden Erzählungen abzubilden. Zum zweiten wird die Rezeption der vorgestellten Lebensgeschichten zeigen, mit welchen besonderen Fragestellungen und Betroffenheiten die Teilnehmer der Meetings an die mit den Biographien transportierten Themen herangehen. Eine der spannenden Fragen wird es sein, ob die Rezeption der Biographien in den Meetings durch Generationen- oder durch Länderunterschiede (oder durch andere Faktoren) geprägt ist, aber auch ob und wie sich Positionen und Perspektiven durch den intergenerativen und transnationalen Erfahrungsaustausch verändert haben.
Das organisatorische Konzept der Meetings in Süd-, Nord- und Osteuropa sieht vor, dass nach der Präsentation der Lebensgeschichten im Plenum ein Meinungsaustausch in Fokusgruppen erfolgt, die nach dem Lebensalter der Teilnehmer geschichtet sind. Erkenntnis leitende strukturierende Fragen ermöglichen eine inhaltliche Prozessdokumentation und den Austausch im intergenerativen Plenum.
Neben den generationsspezifischen Perspektiven hat jedes Teilnehmerland die Aufgabe, seine Sichtweisen und Erkenntnisse in einem Länderreport zu dokumentieren. Eine der spannenden Fragen wird es sein, ob die Rezeption der Biographien in den Meetings durch Generationen- oder durch Länderunterschiede (oder durch andere Faktoren) geprägt ist, aber auch ob und wie sich Positionen und Perspektiven durch den intergenerativen und transnationalen Erfahrungsaustausch verändert haben.
Dieses Projekt basiert auf langjährigen Vorarbeiten in den Grundtvig-Lernpartnerschaften „Unidad a través la diversidad“ (Unidos) und “Integrar adultos y mayores hasta un Europa de conocimiento” (Chance) der Universitäten Kassel, Almeria, Turin und Nyíregyháza. Das Projekt “Europäische Biographien” wurde von der deutschen Gruppe initiiert und wird vom Verein zur Förderung der angewandten Gerontologie e.V. (VFG) Kassel getragen.
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