Soziale
Gerontologie

Verein zur Förderung der angewandten Gerontologie e.V. (VFG)

Praxis Gerontologie Wissenschaft Geschichte Gerontologie

Praxis der Sozialen Gerontologie

Im Folgenden werden Umsetzungen der Sozialen Gerontologie an den Berufsfeldern und innovativen Anstößen von Absolvent/innen der Sozialen Gerontologie der Universität Kassel veranschaulicht.

Als Studierende des berufsbegleitenden Aufbaustudiengangs Soziale Gerontologie an der Universität Kassel  arbeiteten sie zu einem Drittel im offenen und ambulanten Bereich, zu einem Viertel in Alten- und Pflegeheimen, zu je einem Zehntel aus den Bereichen der Fort- und Weiterbildung und Sozialdiensten in Krankenhäusern oder Psychiatrien. Im Laufe ihres weiteren beruflichen Werdegangs als Diplom-Sozialgerontolog/innen sind viele in Leitungsfunktionen aufgestiegen, haben sich selbstständig gemacht bzw. sind in Lehre und Forschung aktiv. Der Kontakt untereinander hält an, sie tauschen sich per Mailrundbriefen untereinander aus (anbei exemplarisch drei Deckblätter von Informationspaketen).

 

praxis 1
praxis 2
praxis 2a
praxis 4
praxis 3
praxis 4a
praxis 3a
praxis 5
praxis 6

Der Hintergrund: Kasseler Studienzeit mit 23 Teilnehmer-Jahrgängen

Im Rückblick hervorzuheben ist der dialogische Charakter des Kasseler Studiengangs und der reflektierte  Zusammenhang von Lehre, Forschung und Berufspraxis.

Allen Lehrenden, den Kasselern und den auswärtigen Lehrbeauftragten des berufsbegleitenden Aufbaustudiengangs Soziale Gerontologie an der Universität Kaassel war gemeinsam, dass sie im Rahmen ihrer Seminarthemen ein besonderes Augenmerk darauf legten, den Bezug der Wissenschaft zur Praxis (und zurück) und die Interdisziplinarität herzustellen. So war es bald selbstverständlich, dass mit ihrer Expertise auch Absolvent/innen zu Lehrbeauftragten im Kasseler Aufbaustudiengang wurden. Jedenfalls war das Lehrangebot nicht Teil eines verschulten Curriculums, das mit Leistungsnachweisen abzuarbeiten war, sondern ein laufender „Herstellungsprozess“, an dem sich die Studierenden beteiligten.

Jede(r) Studierende musste für sich selbst aus den Lehrveranstaltungen in den Blockwochen das herausziehen und zusammenfügen, neudeutsch „rahmen“, was dem eigenen beruflichen Fokus bzw. beabsichtigter Innovationen am besten entsprach. Die Kasseler Dozenten gaben nicht nur vernetztes Wissen, sondern einen Handlungsauftrag („Mach was draus!“, „Wer, wenn nicht ihr!“) mit.

Zwei Bände in den Kasseler Gerontologischen Schriften (siehe die Rubrik „Publikationen“) präzisierten das Selbstverständnis der Sozialen Gerontologie. Der Band „Soziale Gerontologie – Wissenschaft und Praxis“ (Karl/Schmitz-Scherzer 1994) differenzierte in Soziale Gerontologie als Wissenschaft, Soziale Gerontologie als Studium und Beruf, berufliche Tätigkeitsfelder sowie Soziale Gerontologie als Praxisforschung. Der Band „Soziale Gerontologie – ein Herstellungsprozess“ (Jansen/Friedrich 1995) zeigte auf, dass es auf die sozialgerontologisch zu betrachtenden konkreten Situationen hinsichtlich deren Wahrnehmung, Definition und Bearbeitung immer mehrere Perspektiven gibt.

Netzwerkbildungen und Begegnungen

Die Kasseler Dozenten waren immer bereit, auch nach Studienabschluss für Erfahrungsaustausch und für weitere Qualifikationen (z.B. Promotionen) oder für Veröffentlichungen beratend zur Seite zu stehen. Wie bei keinem anderen gerontologischen Studiengang in Deutschland oder anderswo blieb die Begegnung mit den Dozenten erhalten und es gab Anlässe zu Kontakten zwischen den Studienjahrgängen.

Wie konnten Teilnehmer aus weit auseinander liegenden Jahrgängen sich kennen lernen und ins Gespräch kommen?  Einmal im Jahr fanden ein- bis zweitägige Sozialgerontologische Fortbildungstage zu jeweils spezifischen Themen statt, anfangs mit dem Charakter von Kamingesprächen, später eher im Format eines Open Space und starkem initiierendem Einfluss von Absolventen. Zum Beispiel wurden die Fortbildungstage 1998 von einer Kerngruppe aus dem 11. Studienjahrgang und zwei Regionalgruppen unter dem Titel “Partizipation” mit vorbereitet.

praxis 8
praxis 7

Im selben Jahr fasste der Sprecher des ersten Jahrgangs zusammen: „Die Soziale Gerontologie in Kassel ist mittlerweile zu einem bundesdeutschen Markenzeichen geworden; man trifft immer mehr Kolleginnen und Kollegen, die in entsprechenden Gremien, Institutionen und Organisationen Verantwortung tragen, Rahmenbedingungen 'sozialgerontologisch' beeinflussen und einen gemeinsamen Nenner haben.“ (Braun 1998).

2001 fand an der Universität Kassel eine Jahrestagung der DGGG mit Vertretern mehrerer Gerontologie-Studiengänge unter der Fragestellung „Wissenschaft für welche Praxis?“ statt, dokumentiert im Band 30 der Kasseler Gerontologischen Schriften (siehe Rubrik „Publikationen“). Profile von Absolvent/innen fanden Eingang in den von Kassel erstellten „Who is who der Gerontologie“. Die letzten Auflagen gab es in einem Zeitschriftenformat unter den Rubriken Internationale Berichte (Interviews mit Absolventen im Ausland), neue Diplomarbeiten, berufliche Schwerpunkte, Auflistung von Fachaufsätzen und Büchern der Studierenden und Absolvent/innen.

23 Studienjahrgänge sind eine stolze Zahl. Die europaweite Durchsetzung von auf Effizienz und schnellem Output getrimmten Kurzzeit-Studiengängen (Bachelor und Master) hat den Aufbaustudiengängen in den Nuller Jahren des neuen Jahrhunderts ein Ende bereitet.

Im Jahre 2019 mündete eine Initiative aus dem Kreis von Kasseler Absolvent/innen in eine Tagung in Frankfurt am Main, auf der sich die Anwesenden über folgende Fragen austauschten: Was hat mich vor Jahren angetrieben, Soziale Gerontologie zu studieren? Wo stehe ich jetzt? Was sagen mir Erkenntnisse der Alternswissenschaften für mein eigenes Altern? Was können wir als „Kasselaner“ hinsichtlich der Initiierung und Förderung neuer Projekte tun?

Berufliche Werdegänge und Bilanzierungen

In dem Zeitraum seit Studienabschluss – bei manchen sind es 30 Jahre oder mehr – ist viel passiert, worüber nur die Beteiligten authentisch berichten können.

Ein Ergebnis der den Aufbaustudiengang begleitenden Absolventenverlaufsstudie war es, dass das berufsbegleitende Studium die Kluft zwischen gerontologischen Interventionsmöglichkeiten auf der einen Seite und der realen Situation der Altenhilfe auf der anderen Seite ins Bewusstsein hob – eine Spannung, die es zu überwinden galt. Musste man oft nicht erst einmal erklären, was das ist und kann: Gerontologie?Wieviele Arbeitsplatzwechsel – Rückschläge und Aufstiege – hat es gegeben? Wurde von den Arbeitgebern überhaupt gezielt nach Diplom-Sozialgerontologinnen und -Sozialgerontologen gesucht?

In einem Schaubild – siehe die folgende Graphik – wurde einmal versucht, die Kasseler Gerontologie  nach vier Seiten ausstrahlend darzustellen: als universitäres Studium, als Wissenschaft im Dialog, als praxisbezogene Forschung und als Spektrum verschiedener Tätigkeiten und Schlüsselqualifikationen: planen, koordinieren, moderieren, leiten, beraten, lehren, forschen.

praxis 9

In einer aktualisierten Darstellung würde der Pfeil zum Studienangebot (da Vergangenheit) nur noch angedeutet sein, und die Stichpunkte unter den anderen Pfeilen wären zu ergänzen. Mit dem Rückblick auf die eigene Berufspraxis ist z.B. unter dem Pfeil „Tätigkeitsprofil“ einzufügen:

  • reflektieren,
  • evaluieren und 
  • bilanzieren.
  • Seit dem Absolvent/innentreffen 2019 läuft online ein anhaltender inhaltlicher Informationsaustausch. Eine Absolventin und ein ehemaliger Kasseler Dozent initiierten ein Format, bei dem sich Teilnehmer des Studiengangs mit ihren Erfahrungen einbringen können. Es werden „Pakete geschnürt“, in denen das Profil der jeweiligen Diplom-Sozialgerontologin bzw. des Diplom-Sozialgerontologen mit Dokumenten (Arbeits- und Projektkonzepte, Fachartikel) aus der eigenen beruflichen Praxis zusammengefügt ist. Unter den Bedingungen der Corona- Pandemie wurden Praxisberichte aus verschiedenen Arbeitsbereichen der Altenarbeit und grundsätzliche Einschätzungen zu Altenarbeit und Corona ausgetauscht. (Siehe hierzu auch den Text „Altersbilder und Corona“ unter der Rubrik „Aktuell“.)

Das eigene Älterwerden

Welches Altersbild haben Sozialgerontolog/innen für sich selbst im Kopf? Auch sie sind im Laufe ihres Lebens damit konfrontiert, das Erwachsenwerden der eigenen Kinder und die Hochaltrigkeit und Pflegebedürftigkeit der Eltern zu erleben.

Gleichzeitig eröffnen sich auch ihnen die Chancen des Alters. Was sagen ihnen die Erkenntnisse der Alternswissenschaften für ihr eigenes Altern? Die sozialgerontologische Literatur ist voll mit Fragestellungen zur Bewältigung von Lebensbrüchen, Herausforderungen des Alterns, Potentialen, Plastizitäten und Resilienzen.

Publikationen unter Beteiligung von Absolvent/innen des Aufbaustudiengangs Soziale Gerontologie:

praxis 10

Eine Auswahl von Dissertationsschriften der Absolvent/innen des Aufbaustudiengangs Soziale Gerontologie:
 

praxis 11
[Home] [Praxis Gerontologie] [Wissenschaft] [Geschichte] [Publikationen] [Projekte] [Impressum / Verein]